Babyzeichensprache – Dein Baby besser verstehen

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„Ach, könnte ich mein Baby doch nur besser verstehen!“ Das wünschen sich viele Eltern, denn nicht immer ist das Schreien oder Brabbeln ein klares Signal. Man lernt zwar bestimmte Tonlagen und Laute der Babys relativ schnell zu deuten, aber noch eindeutiger sind dann die Gesten, die recht bald dazu kommen. Wenn das Baby z.B. die Ärmchen ausstreckt und „Äh, äh“ macht, ist klar, dass es auf den Arm möchte.
Wäre es nicht toll, wenn es eine einfach zu beherrschende Zeichensprache für Babys gäbe? Überraschung: Die gibt es!  Julia Klamke, zweifache Mutter und neuerdings Babyzeichensprache-„Lehrerin“, hat mir im Hebammenblog.de-Interview davon berichtet:

Jana: Julia, wie bist Du mit der Babyzeichensprache in Kontakt gekommen?
Julia: 2009 war ich mit meiner ersten Tochter schwanger. Bevor das Baby kam, haben wir uns viel im Internet belesen. Bereits in der Schwangerschaft haben mein Mann und ich auf YouTube ein Video über die Babyzeichen gesehen und fanden diese Möglichkeit der Kommunikation total spannend.
Nun, wie das dann so ist, wurde ich von der Schwangerschaftsdemenz und danach von der Stilldemenz überrumpelt und vergaß erst mal wieder alles.
Erst viel später brachte mich eine Mutter aus dem Pekip-Kurs wieder auf die Idee mit der Zeichensprache und ich meldete uns gleich für einen Kurs an. Meine Tochter war da bereits neun Monate alt. Im Kurs wurde hauptsächlich viel gesungen und ganz nebenbei haben wir dann die Handzeichen gelernt.

Jana: Und wie klappte das dann zu Hause?
Julia: Anfangs fiel mir die Umsetzung im Alltag sehr schwer. Nach und nach lief es dann aber besser und ich gewöhnte mich schließlich daran, die Zeichen rechtzeitig und passend zur Aktion zu zeigen.

Jana: Sind die Zeichen schwierig? Mit welchen Zeichen ging es bei euch los?
Julia: Die meisten Zeichen sind logisch und natürlich. Wir alle kennen Zeichen wie „winke winke“ und „lecker“. Und bereits nach vier Wochen hat meine Tochter schon drei Zeichen benutzt. Nämlich „lecker“, „winke winke“ und „mehr“.
„Mehr“ bzw. “nochmal“ war bei uns der absolute Durchbruch. Sie wollte von so vielen Dingen mehr bzw. Wiederholungen davon – das hätten wir einfach nie für möglich gehalten! Und natürlich hat sie erst mal getestet, ob es denn auch wirklich funktioniert, wenn sie dieses „Wunderzeichen“ benutzt.
Und das hieß dann eben fünf mal Nachschlag beim Essen, obwohl sie eigentlich hätte platzen müssen. Aber auch sie war, genau wie wir, ziemlich überrascht, wie einfach das Kommunizieren miteinander sein kann.

Baby-Zeichensprache: "mehr" - "essen"

links: “mehr” – rechts: “essen”

Jana: Und ab da habt Ihr euch einfach immer super verstanden?
Julia: Babys wissen in diesem Alter meist genau was sie wollen. Nur oft verstehen wir es einfach nicht. Und dann gibt es eben ein Riesengebrüll! Zumindest hatte unsere Tochter in der Beziehung eine sehr geringe Frustrationsgrenze. Das Gebrüll hat es dann unmöglich gemacht ihr irgendwie zu zeigen, dass ich zuhöre und sie verstehen will. Das machte mich sehr unglücklich, weil ich einfach nicht wusste, was sie denn nun meint. Ich wollte ihr doch so gerne helfen! Und irgendwann wollte sie dann auch nicht mehr. Also nein, wir haben uns nicht immer verstanden. Aber letztlich hat es ihr die Babyzeichensprache oft ermöglicht, schneller und vor allem deutlicher zu „sagen“, was sie will.
Und beim Sprechen lernen kommen ja auch ganz schnell Missverständnisse auf. Wir wissen zwar irgendwann, was eine bestimmte Silbe oder ein Laut bedeuten soll, aber auf dem Weg dahin ist es oft schwer: Was heißt „Buu“ denn diesmal? Aber mit den Handzeichen ist dann ganz schnell klar, es geht nicht um die „Blume“, nicht das „Buch“, sondern um die Kuscheltier-„Kuh“.  😉

Jana: Hat Eure Tochter die Zeichen alle sofort angenommen?
Julia: Nein, denn es gab auch Zeichen, die unsere Tochter einfach ignoriert hat. Das Zeichen „trinken“ hat sie nie gezeigt. Wir hatten es schon aufgegeben. Und dann, ein halbes Jahr später, zeigte sie es uns plötzlich. Das war der Moment, als ich erstmals begriffen habe, dass zeitweise andere Entwicklungsschritte vordergründig sind und die Aufnahmefähigkeit begrenzt ist. Wenn das Kind gerade Laufen lernt, hat es eher keine Zeit ein Zeichen aktiv umzusetzen, das ist dann einfach zweitrangig.

Jana: Wann kann man denn eigentlich mit der Babyzeichensprache anfangen? Und ab wann mit den ersten Zeichen seiner Kinder rechnen?
Julia: Die Babyzeichensprachkurse empfehle ich ab dem 6. Monat. Die meisten Babys können dann mit sieben Monaten die ersten Zeichen benutzen. Es gibt aber auch Babys, die ein oder zwei Zeichen bereits mit vier Monaten gemacht haben. Das ist individuell, wie so wie viele Entwicklungsschritte der Babys.
Mit meiner zweiten Tochter haben wir natürlich auch die Babyzeichensprache genutzt. Diesmal aber von Geburt an. Wir starteten mit dem wirklich wichtigen Zeichen „Milch/stillen“. Und siehe da, mit fünf Monaten benutzte sie es. Anfänglich nur unmittelbar beim Stillen, aber schon zwei Wochen später, um das Stillen aktiv einzufordern. Bei unserem Windelfrei-Experiment hatte die Babyzeichensprache auch einen großen Vorteil. Sie hat von selbst gezeigt, dass sie mal „Pipi/AA“ muss.

Jana: Erzähl doch mal ein bisschen von Euren Erfahrungen im Alltag!
Julia: Das Zeichen für „mehr/nochmal“ war auch bei unserer Zweiten ein richtig tolles Zeichen. Wenn die Große die Kleine bespaßt hat, forderte sie immer „mehr“. Auch Omas und Opas waren stolz, dass sie das noch nicht sprechende Enkelkind verstehen konnten. Zeichen wie „Schnuller“, „Keks“ oder „Käse“ haben die Kommunikation für uns alle sehr erleichtert.
Besonders schön war es, wenn meine Tochter mitten im Spiel das Zeichen für „Papa“ machte. Ohne das Zeichen hätte ich ja nie verstanden, dass sie gerade an den Papa denkt – der ja gerade bei der Arbeit war!
Ich werde oft gefragt, ob Babys das Zeichen „schlafen“ überhaupt benutzen. Meine Tochter hat am Abend immer gezeigt, dass sie ins „Bett“ möchte und dass wir vorher natürlich „Zähne putzen“, „Pipi machen“, ein „Buch“ lesen müssen und die „Puppe“ oder der „Teddy“ nicht fehlen darf. Und da war sie noch kein Jahr alt. In der Kita-Eingewöhnung ist sie oft vollkommen erschöpft nach Hause gekommen, hat sich auf die Treppe gesetzt und gezeigt, dass sie in ihr „Bett“ möchte.

Jana: Verzögert denn die Zeichensprache das Sprechen lernen?
Julia: Nein, ich glaube nicht. Es ist eher ein zusätzliches Hilfsmittel, solange den Kindern die Sprache noch nicht zur Verfügung steht. Meine große Tochter hat mit zehn Monaten angefangen „Wörter“ zu benutzen. Zum besseren Verständnis begleitete sie diese automatisch mit den Babyzeichen weiter. Sie ist jetzt 22 Monate alt und benutzt, anstatt der Lautsprache, noch viele Babyzeichen. Ich glaube, sie fühlt sich damit einfach sicherer.
Aber die Babyzeichensprache soll die Lautsprache natürlich nicht ersetzen, sondern, auf dem Weg zum Sprechen lernen, eine Brücke sein. Deshalb verwendet man die Zeichen immer in Verbindung mit dem Wort bzw. der Tätigkeit.

Jana: Was sollte man noch beachten?
Julia: Wichtig ist, das Kind immer anzuschauen und es direkt, langsam und deutlich anzusprechen. Das zeigt dem Kind, dass auf seine Bedürfnisse eingegangen wird. Es gibt ihm die Möglichkeit sich selbst mitzuteilen und auszudrücken. Das gilt natürlich nicht nur für die Zeichensprache, sondern generell in der Kommunikation.
Wir haben festgestellt, dass die Zeichensprache die Frustrationsrate reduziert, aber das heißt nicht, dass es dann keine schlecht gelaunten Babys mehr gibt. Wenn ein Kind „Schokolade“ zeigen kann, bedeutet das nicht, dass es sie auch bekommt. Aber man kann ihm dann zumindest zeigen, dass sein Wunsch verstanden wurde.
Für Kinder ist die Babyzeichensprache einfach eine Chance frühzeitig aktiv in der Kommunikation zu sein und sich selbstwirksam zu erleben, mitzugestalten, sowie Bedürfnisse effektiver zu äußern.
Für Eltern, Großeltern, Geschwister und Betreuungspersonen ist es eine Möglichkeit der zugewandten Kommunikation.

Jana: Wie muss ich mir so einen Babyzeichenkurs vorstellen?
Julia: Ein Kurs dauert 12 Wochen, mit jeweils einer Wochenstunde. Die Kurse sind im Prinzip Spielkurse. Es wird viel gesungen, es werden Fingerspiele gemacht und nebenbei lernt man die Zeichen. In der Regel lernen die Eltern fünf Zeichen pro Stunde und bringen sie den Kindern dann unter der Woche bei. Die Zeichen sind an die Gebärdensprache angelehnt, aber etwas vereinfacht.

Jana: Du bist ja ein echter Zeichensprache-Fan – Ist das jetzt so ein neuer Trend?
Julia: Ich habe in dieser Zeit so vieles mit meiner Tochter gelernt, dass ich beschlossen habe selbst Kursleiterin zu werden. Die Ausbildung habe ich bei Vivian König (Gründerin der Babyzeichensprache in Deutschland 2004) gemacht. Dadurch hab ich dann noch mal sehr viel gelernt. Vivian hat auch ein Buch geschrieben: “Das große Buch der Babyzeichen: Mit Babys kommunizieren, bevor sie sprechen können”*
In meinen eigenen Kursen lege ich vor allem Wert darauf,  dass es nicht zu einer Übermotivation oder Überforderung der Babys kommt. Es soll auch zwischen den Eltern kein Wettstreit darüber geben, wie viele Zeichen ihre Kinder bereits beherrschen.
Trend? Ich weiß nicht – uns hat es einfach Spaß gemacht, die Babyzeichensprache einzusetzen und wir sind sehr froh über diese tolle Möglichkeit der frühen Kommunikation. Und genau das vermittle ich auch in meinen Kursen. Aber jeder soll für sich entscheiden, was sinnvoll für die eigene Familie und die gesunde Entwicklung seiner Kinder ist. Babyzeichen sind natürlich kein neues „Pflichtprogramm“! Sie sollen Spaß machen und den Alltag erleichtern. Denn schließlich lernen alle Kinder irgendwann sprechen, ob nun mit oder ohne Babyzeichensprache!

Liebe Julia, ich danke Dir für Deine Ausführungen!
Kurse gibt Julia wieder ab Januar 2014 in Freital, Freiberg und Dresden.
Für alle, die nicht aus dieser Region kommen, gibt es ein bundesweites Kursverzeichnis.


Ich selbst habe bei meinen Kindern leider keine Babyzeichensprache benutzt. Wir haben aber viele Fingerspiele gespielt und gestenbegleitete Lieder gesungen. Meine Kinder konnten diese sehr früh, lange vor den ersten Worten, mitmachen. Später, in der Kita mit Integrationskindern, wurde viel mit Gebärdensprache gearbeitet – das war auch eine schöne Bereicherung. Den ersten Buchstaben den mein Sohn Luis (zeigen) konnte, war das „L“.
Ich finde die Idee der Babyzeichensprache sehr einleuchtend und bin überzeugt, dass sie richtig gut funktioniert. Wenn ihr gerne mal sehen wollt wie gut, dann könnt ihr euch noch dieses YouTube-Video ansehen. Was das Kind dort alles zeigen kann, finde ich echt beeindruckend. Inzwischen gibt es eine ganze Menge Bücher zu den Babysignals. Auch ein Plakat, mit den wichtigsten Zeichen, kann man erwerben:

Habt ihr bereits Erfahrungen mit der Babyzeichensprache gemacht? Oder gibt es vielleicht kleine Geheimzeichen, die in eurer Familie einfach von allein entstanden sind und jetzt zu eurem ganz eigenen „Vokabular“ gehören?

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Jede Frau hat das Recht auf eine positive, selbstbestimmte Geburtserfahrung. Seit ich Hebamme geworden bin verhelfe ich Frauen dazu.
Ich bin Jana Friedrich, Mutter von zwei Kindern, Hebamme seit 1998 (und seit September 2020 mit B. Sc. of Midwifery), Bloggerin seit 2012, Autorin zweier Bücher, Speakerin und Expertin im Themenbereich Familie. Mit meiner Expertise unterstütze ich darüber hinaus auch Kulturschaffende, Firmen und Politiker*innen.
In diesem Blog teile ich mit dir mein Wissen und meine Erfahrung rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und das erste Jahr mit Baby.
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4 Kommentare
  1. Avatar
    Birgit Butz sagte:

    Babyzeichen sind etwas wunderbares! Ich habe sie mit meinem Sohn erlebt und möchte die Zeit nicht missen. Den Spaß, den ich hatte gebe ich auf meiner Webseite http://www.sprechende-haende.de weiter. Dort findet Ihr Infos, Spielideen und Videos zu Babyzeichen.

    Ich wünsche mir, dass viele den Spaß mit Babyzeichen entdecken und danke Euch für das tolle Interview mit Julia.

    Antworten
  2. Avatar
    Eva Möller sagte:

    Auch ich habe Babyzeichen damals im Jahr 2005 als es noch kein Angebot in Deutschland gab mit meiner kleinen Tochter ausprobiert und war so begeistert, dass ich die Webseite https://www.baby-handzeichen.de gestartet habe um so viele Eltern wie nur möglich über diese tolle Möglichkeit der Kommunikation zu informieren.

    Vielen Dank, dass du das Thema weiterträgst, es ist so eine Bereicherung für Eltern und Baby.
    Liebe Grüße
    Eva

    Antworten
  3. Avatar
    Nicky sagte:

    Hallo, ich bin Mutter eines inzwischen 2-Jährigen Kindes und im ersten Beruf bin ich Logopädin. Ich habe in meiner Ausbildung erstmals Kontakt mit Babysigns gehabt und unterstützende Kommunikation später geren in der Arbeit mit größeren schlecht/nicht sprechenden Kindern genutzt. Als ich schwanger wurde, war mir klar, dass mein Kind als ‘Versuchskaninchen’ herhalten muss. Wir haben mit ca. 5 Monaten begonnen die ersten Handzeichen zu zeigen (nachdem ich Vivian Königs Buch gelesen hatte) und bekamen mit ca. 9 Monaten die ersten eindeutigen Zeichen zurückgezeigt (Baum, Hund, Milch, mehr/nochmal, Licht). Bis zum ersten Geburtstag konnte meine Tochter bereits 2 Handzeichen aneinander hängen, um Zusammenhänge zu verdeutlichen und mit 15 Monaten haben wir aufgehört ihr neue Zeichen zu zeigen, weil ihr Wortschatz den des Buches bereits überstieg (wir mussten teilweise auf ‘Erwachsenen’gebärden ausweichen) und sie bereits viele Wörter zuverlässig (wenn auch artikulatorisch nicht einwandfrei) sprach. Mit nun 2 Jahren spricht sie überwiegend in 3-4 Wortsätzen und erzählt ganze Geschichten durch die Aneinanderreihung von 3-4 solcher Sätze.
    Die Babyzeichen haben uns ganz früh einen unglaublichen Einblick in den Kopf unserer Tochter gewährt, den wir nicht missen möchten und zur Beruhigung aller Skeptiker sei gesagt: nein, Babyzeichen verzögern die Sprachentwicklung keineswegs, wenn sie richtig eingesetzt werden – ich wage zu behaupten, dass das Gegenteil der Fall ist! Zudem hatten wir so gut wie nie das Problem nicht zu wissen was das Kind will und kennen Unzufriedenheitsanfälle nur von Verboten oder nicht erfüllten Wünschen, nicht aber wegen Kommunikationsfehlern.

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